3. Mensch und Wasser
Wofür wir unser Wasser,
unsere Flüsse und Bäche nutzen
Schon immer hat der Mensch die Bäche und Flüsse für seine Zwecke genutzt, als Trinkwasser, für den Fischfang, zur Bewässerung, für die Schifffahrt, zur Einleitung von Abwasser ... Eine lange Liste, die da zustande kommt:
- als Lebensmittel - Trinkwasser
- als Kühlmittel für Kraftwerke, Industrieanlagen ...
- als Brauchwasser und Produktionsmittel in der Industrie
- als Brauchwasser, im Haushalt für Geschirr, Böden, Toiletten, Autos, Kleidung, Straßen ... und für uns selbst
- zur Bewässerung von landwirtschaftlich genutzten Flächen, Gärten, Parkanlagen ...
- zur Beseitigung des Abwassers von Haushalten, Industrie und Gewerbe
- zur Entsorgung des Regenwassers
- zur Entwässerung des Umlandes
- als Transportmittel für die Schifffahrt
- als Energielieferant in Wasserkraftwerken
- als Erholungs- und Freizeitraum: zum Schwimmen, Tauchen, Surfen, Segeln, Kanufahren, Schlittschuhlaufen, Eisstockschießen ...
- als Nahrungsquelle - für Berufsfischer und Angelvereine
- als Lebensadern in der Landschaft zum Schutz der dort lebenden Tiere und Pflanzen
- sogar als Heilmittel: Heilquellen, Thermalbäder, Kneippkuren ...
Gewässerausbau
Funktional und praktisch
Mit den vielfältigen Nutzungen der Gewässer und ihrer Überschwemmungsgebiete
(Auen) musste auch das Aussehen unserer
Flüsse und Bäche angepasst werden. Sie wurden "funktionstüchtig"
gemacht, das heißt, begradigt, die Ufer befestigt und das Gewässerprofil
ausgebaut. Wehre und Staustufen wurden angelegt, um
die Wasserkraft zu nutzen. Und in Städten wurden sie sogar überbaut
oder endeten in der Kanalisation. Die Auen wurden vom Gewässer
abgetrennt und trockengelegt, die Wälder abgeholzt und Äcker,
Weiden und Siedlungen angelegt. Dies war zwar für die wirtschaftliche
Entwicklung positiv, hatte aber aus ökologischer Sicht gravierende
Folgen. Die natürliche Dynamik und Strukturvielfalt und damit die
vielfältigen Lebensräume im und am Gewässer gingen verloren. An
Wehren und Staustufen oder an den verrohrten Abschnitten und an
zugeschütteten Gewässern endet für viele Fließgewässerbewohner
ihre Wanderung auf der Suche nach Nahrung, geeigneten Verstecken
oder Laichplätzen. Aber auch auf den Wasserhaushalt hat der
Gewässerausbau ungünstige Auswirkungen. Wenn es keine Auen
mehr gibt, die als Wasserspeicher (Retentionsräume) dienen können,
fehlt der natürliche Hochwasserschutz, und der Grundwasserstand
sinkt.
In einem so dicht besiedelten Bereich wie der Emscher-Lippe-Region
spielt ein weiterer Faktor eine ganz wichtige Rolle, die Flächenversiegelung.
Der große Flächenbedarf für Wohnen, Industrie, Gewerbe
und Straßen führte dazu, dass einige Bäche völlig verschwunden
sind. Sie wurden einfach überbaut und fließen als Teil des
Kanalnetzes unter der Erde oder wurden vollständig unter dem
Asphalt begraben. Außerdem kann das Regenwasser nicht mehr einfach
im Boden versickern, sondern der größte Teil fließt oberirdisch in
die Kanalisation. Dadurch wird die Grundwasserneubildung erheblich
verringert. Quellen (die ja Austritte von Grundwasser an die
Erdoberfläche sind) führen weniger Wasser oder versiegen sogar
ganz. Der natürliche Wasserkreislauf ist massiv gestört.
Die westdeutschen Kanäle
Geben und nehmen
Für die Schifffahrt wurden unsere Flüsse nicht nur ausgebaut, sondern es wurden auch völlig neue Wasserstraßen (Kanäle) künstlich angelegt. In der Emscher-Lippe-Region entstand so das Netz der westdeutschen Kanäle, bestehend aus dem Dortmund-Ems-Kanal, dem Datteln-Hamm-Kanal, dem Wesel-Datteln-Kanal und dem Rhein-Herne-Kanal. Ihr Wasser bekommen die Kanäle zum größten Teil aus der Lippe. Bis zu 25.000 Liter Wasser pro Sekunde werden in Hamm aus der Lippe zunächst in den Datteln-Hamm-Kanal und von dort in die übrigen Kanäle geleitet. Dabei wird das Wasser nicht nur für die Schifffahrt genutzt, sondern auch als Kühlwasser für Kraftwerke sowie für die Produktionsabläufe der Industrie und des Gewerbes entnommen. Wenn die Lippe in Trockenzeiten zu wenig Wasser zur Kanalspeisung hat, wird Wasser an den Schleusen der Kanäle aufwärts gepumpt. Damit kann die Lippe gegebenenfalls auch angereichert werden. Das kostet zwar Energie, aber die Lippe behält die ökologisch notwendige Wassermenge (Mindestwasserführung = 10.000 Liter/Sekunde in Hamm), damit ihre Tier- und Pflanzenwelt trotz der vielen Nutzungsansprüche an den Fluss überleben kann.
Freizeitnutzung und Erholung
Wasser macht Spaß
Schwimmen, mit dem Kajak fahren oder einfach nur faul am Ufer liegen. Wasser zieht uns magisch an, und es gibt viele Möglichkeiten, seine Freizeit am, im oder auf dem Wasser zu verbringen. Aber Freizeit und Erholung können unsere Umwelt auch belasten. Gerade die Fließgewässer sind sehr empfindliche Ökosysteme. Viele Tiere, vor allem Säugetiere und Vögel, reagieren schnell auf Störungen, wobei die Toleranz von Art zu Art sehr unterschiedlich ist. Der scheue Eisvogel flieht sehr schnell, Stockenten und Schwäne hingegen haben sich an uns Menschen gewöhnt und lassen sich oft sogar füttern. Freizeit und Naturschutz miteinander zu vereinbaren, ist nicht immer leicht, aber durchaus machbar. Schon allein durch unser Verhalten können wir viel dazu beitragen. Wir müssen nur ein wenig Rücksicht auf die Tiere und Pflanzen nehmen. Spazieren gehen und Rad fahren auf Wegen statt querfeldein, Angeln und Baden an dafür vorgesehenen Stellen, statt die Ufer zu zertreten, sind eigentlich nur "Kleinigkeiten". Wenn wir empfindliche Naturräume schützen und gleichzeitig geeignete, "robustere" Bereiche für Freizeit und Erholung nutzen, ist uns und der Natur geholfen.
Emscher, Lippe und Co.
Naherholung in der Emscher-Lippe-Region
Entdeckungstour durch unsere Heimat? Radeln, wandern oder ein
Picknick am Bach machen? Noch vor ein paar Jahren hätten die
Menschen, die hier leben, über so etwas nur gelacht. 100 Jahre lang
waren die Emscher und viele Bäche in unserer Region als offene
Schmutzwasserläufe die "Kloaken der Nation" und alles andere als
ein Ziel für Ausflüge. Wer konnte, mied diese Fließgewässer oder ließ
sie zumindest schnell hinter sich. Das ist heute anders. Auf der Lippe
werden Kanutouren angeboten. Kilometerlange Fuß- und Radwege
entlang den zum größten Teil renaturierten Bächen laden zu Erkundungen
ein. Ausgestattet mit mehreren Radkarten der Emschergenossenschaft
und des Lippeverbandes zu den Themen Wasser,
Kulturhistorie und Strukturwandel in der Region, geht es auf
Entdeckungsreise. Dabei können Fußgänger und Radfahrer die Lippe
bei Dorsten per Muskelkraft überqueren. Hier verbindet wie einst vor
60 Jahren eine Fähre die beiden Stadtteile Holsterhausen und Hardt.
Angetrieben wird die Fähre vom Fahrgast selbst, und zwar per
Handkurbel. Dafür ist das Übersetzen kostenlos, und bei der Überfahrt
bieten sich Einblicke in die Lippeauen. Allerdings ist die Fähre
nur von April bis November in Betrieb. Eine weitere Lippefähre dieser
Art ist in Wesel zu finden.
Und wer auch mal die "wilde Natur" erkunden
möchte, sollte an einer Exkursion in die Disselmersch bei
Lippborg oder einer Führung durch die Lippeauen in Bergkamen-Heil
teilnehmen. Hier wurde die Lippe renaturiert. Viele seltene Pflanzen
und Tiere haben den Fluss und die Aue seitdem zurückerobert.