3. Mensch und Wasser
Wasserverbrauch
Bei uns kein Problem
Trinkwasser: Ein Dreh am Wasserhahn und wir haben mehr als genug
davon. Zum Überleben benötigen wir täglich mindestens 2,5 Liter, in
Form von Getränken oder Speisen. Ohne Trinkwasser könnten wir nur
etwa vier Tage überleben. Zum Glück sprudelt uns das lebenswichtige
Nass überall entgegen. Bleibt die Frage, wie viele Liter Wasser wir
pro Person und Tag tatsächlich verbrauchen?
Schwer zu schätzen, wie viel Wasser innerhalb von nur zwei Minuten
aus einem aufgedrehten Wasserhahn läuft, und erst recht, wie viel an
einem Tag zusammenkommt. Tatsächlich braucht jeder Deutsche
durchschnittlich Tag für Tag rund 128 Liter reines Trinkwasser. Das
meiste, nämlich mehr als 46 Liter, entfällt auf Duschen, Baden und
Waschen, gefolgt von der Toilettenspülung mit mehr als 30 Litern.
Zum Wäschewaschen und Geschirrspülen sind es zusammengenommen
etwa 23 Liter, und zum Kochen und Trinken benötigen wir nur
etwa fünf Liter am Tag.
Der gesamte Wasserverbrauch in Deutschland umfasst nicht nur den
Teil, den wir als Trinkwasser brauchen. Auch jede Wasserentnahme,
die direkt aus unseren Flüssen und Bächen erfolgt oder die nicht den
Anforderungen der Trinkwasserversorgung entspricht, zählt dazu.
Daran sind die privaten Haushalte nur mit zwölf Prozent beteiligt. Fast 70
Prozent benötigen die Kraftwerke als Kühlwasser. Auf die Industrie
entfallen 16 Prozent, und der Anteil der Landwirtschaft liegt bei lediglich
drei Prozent. Es gibt aber auch Länder, die bis zu 90 Prozent des
Wassers für die Landwirtschaft benutzen. Bemerkenswert ist, wie viel
Wasser bei industriellen Verfahren gebraucht wird. Für die Herstellung
von einem Liter Bier beispielsweise werden zehn Liter Wasser benötigt.
Der Bierverbrauch liegt in Deutschland momentan bei rund 130
Litern pro Einwohner und Jahr. Das macht bei 82 Millionen
Einwohnern ...
Eigentlich "verbrauchen" wir das Wasser nicht, sondern "gebrauchen"
es nur. Egal ob das Wasser zum Waschen, zum Trinken, in der
Industrie oder zur Bewässerung von Ackerflächen dient, über kurz
oder lang gelangt es zurück in den Wasserkreislauf.
Übrigens: Ein Wasserhahn ohne Wasserspareinrichtung gibt circa 10-17
Liter pro Minute ab. Wassersparvorrichtungen können den Wasserverbrauch
um rund 50 Prozent reduzieren.
Das virtuelle Wasser
Gut versteckt
Ostereier lassen sich verstecken, aber Wasser? In unseren Haushalten
verbrauchen wir rund 128 Liter Wasser pro Einwohner und Tag.
Tatsächlich benötigen wir jedoch täglich 4.000 Liter. Unser
Wasserbedarf läuft also nur zu rund drei Prozent durch die
Wasserleitung im Haus. 97 Prozent entfallen auf den sogenannten
"versteckten Verbrauch". Wasser, das zum Beispiel für die Herstellung
unserer Lebensmittel, unserer Kleidung und vieler anderer Produkte
benötigt wird. Man spricht hier vom virtuellen Wasserverbrauch.
Beim Wasserverbrauch gibt es zwei weltweit bedeutsame "Strömungen":
Wir gehen einerseits in unserem eigenen Land mit Wasser
immer sparsamer um, andererseits wird für unseren Bedarf an Gütern
immer mehr Wasser im Ausland verbraucht. Dadurch verursachen wir
ein Vielfaches an Wasserbedarf in anderen Ländern, und die Wasserkrisen
in den trockenen Regionen verschärfen sich.
Besonders der Handel mit Lebensmitteln ist mit riesigen
Verschiebungen von Wassernutzung und Wasserverbrauch verbunden.
Ein Beispiel: Kaufen wir ein Kilogramm Rindfleisch, das im
Ausland produziert wurde, sind dafür rund 16.000 Liter "virtuelles
Wasser" nicht bei uns, sondern im Ursprungsland verbraucht worden.
Wer denkt schon an die Bewässerung von Sojabohnenkulturen in
Brasilien zur Herstellung von Kraftfutter, wenn er sein Steak isst? So
gibt es noch ganz viele Dinge, die wir erwerben und mit denen wir
anderswo virtuell Wasser verbrauchen (versteckte Wasserimporte).
Und wie viel wird wohl für die Herstellung eines T-Shirts vom Anbau
der Baumwolle bis zum fertigen Shirt im Laden benötigt? Es sind
unglaubliche 20.000 Liter Wasser!
Wasserverschmutzung
Noch unklar?
Wie gesagt - das Wasser wird nicht verbraucht, sondern nur
gebraucht, und der größte Teil wird als mehr oder weniger verschmutztes
Abwasser wieder abgegeben. Moderne Kläranlagen sorgen
für die Reinigung des Wassers aus Haushalten und Industrie.
Aber trotzdem gelangen Schadstoffe in unsere Gewässer. Das hängt
mit der Vielfalt und Vielzahl der Substanzen zusammen, die wir im
Abwasser finden: Reinigungsmittel, Kraftstoffzusätze, Arzneimittel,
Schwermetalle und so weiter. Das kann auch die beste Kläranlage nicht vollständig
bewältigen.
Aber viele Stoffe werden nicht direkt mit dem Abwasser eingeleitet,
sondern geraten über den Wasserkreislauf in unsere Flüsse und
Bäche.
Ein Beispiel dafür ist die Landwirtschaft. Sie belastet die Gewässer
durch Pestizide (Pflanzenschutzmittel) und Düngemittel. Wird zu
reichlich gedüngt, sickern die überschüssigen, von den Pflanzen
nicht aufgenommenen Nährstoffe durch den Boden und belasten das
Grundwasser. Oder Pestizide und Dünger werden zum Beispiel nach
einem Wolkenbruch mit dem oberflächlich abfließenden Regenwasser
direkt in die Bäche und Flüsse gespült. Auf diesem Weg gelangen bis
zu 20 Prozent der Anwendungsmenge in ein Gewässer. Der Anteil an
Pestiziden und Düngemitteln, der in unsere Gewässer gelangt, ist
nicht nur von der Menge abhängig, die benutzt wird, sondern beispielsweise
auch von der Hangneigung und den angebauten
Kulturpflanzen. Die Pestizide sind vor allem wegen ihrer toxischen
(giftigen) Wirkung auf die Wasserlebewesen gefährlich. Anders verhält
es sich mit den Düngemitteln. Die darin enthaltenen Stickstoff- und
Phosphorverbindungen sind nicht nur für die landwirtschaftlich
angebauten Pflanzen sehr nahrhaft, sondern auch für Wasserpflanzen
und Algen. Durch zu hohe Konzentrationen entsteht aber ein
Nährstoffüberschuss (Eutrophierung oder Überdüngung) und damit
verbunden ein übermäßiges Wachstum von Wasserpflanzen, was
dem Gewässer auf Dauer schadet.
Aber auch giftige Stoffe wie Schwermetalle und Industriechemikalien
sowie Salze belasten unser Wasser. Die giftigen Stoffe werden meist
aus Deponien und Altlasten in das Grundwasser eingetragen. Hier
breiten sie sich, abhängig von der Grundwasserströmung, im
Untergrund aus und können so in unsere Gewässer gelangen.
Im Emschergebiet kommt insbesondere das Salz "Sulfat" überall in
erhöhten Konzentrationen im Grundwasser und in den Gewässern
vor. Weiterhin findet man häufig polyzyklische aromatische
Kohlenwasserstoffe (PAK). Sie können Krebs verursachen und entstehen
bei unvollständiger Verbrennung von organischem Material
(zum Beispiel Kohle, Heizöl, Kraftstoff, Holz, Tabak), also auch bei der
Gewinnung von Koks und Gas aus Steinkohle. Deswegen sind alte
Industriestandorte oft Ausgangspunkt für Grundwasserverunreinigungen
mit PAK. Aber trotz der vielen Schadstoffquellen und Grundwasserbelastungen
liegen mit Ausnahme bestimmter Belastungsschwerpunkte
die Konzentrationen für viele Stoffe in den Gewässern
unter den aktuellen Zielwerten.
Auch der Oberflächenabfluss von vielen versiegelten Flächen (Straßen,
Plätze) ist mit allerlei Schmutz, wie Staub, Reifenabrieb, Motorenöl,
Streusalz, Hundekot etc., belastet. Dieses Wasser fließt in der Mischwasserkanalisation
zusammen mit dem Abwasser zur Kläranlage. Bei
sehr starken Regenfällen werden die Abflussmengen zu groß für die
Kanalisation und die Kläranlage. Dann gelangen die überschüssigen
Wassermengen in unsere Bäche und Flüsse. Dieses Wasser ist meist
mit Abwasser vermischt.
Schädliche Substanzen werden aber auch durch die Luft in unsere
Gewässer eingetragen. Spätestens seit dem ersten Auftreten von
"saurem Regen" wissen wir, dass sich manche Luftschadstoffe wie
zum Beispiel Stickoxide gut im Niederschlagswasser lösen können.
Und so ist das Regenwasser oft schon mit Schadstoffen belastet,
bevor es auf der Erde ankommt.
Biologische Selbstreinigung
Natürlich sauber
Was passiert eigentlich, wenn schmutziges Wasser in unsere Bäche
und Flüsse gelangt? Sie sind tatsächlich in der Lage, sich unter
bestimmten Bedingungen selbst zu reinigen. Das ist gut und wichtig,
denn nur sauberes, schadstofffreies Wasser nützt Menschen, Tieren
und Pflanzen. Es sind vor allem die "Kleinsten", die Mikroorganismen,
die Bakterien und Pilze, die dafür sorgen, dass die Flüsse und Bäche
von Natur aus sauber sind. Sie sind die "Zersetzer" (Destruenten),
die totes organisches Material, wie abgestorbene Tiere und Pflanzen
oder auch Exkremente, zur eigenen Energiegewinnung abbauen
(Mineralisierung) und so in anorganische Substanzen überführen.
Diese werden dann von den Pflanzen als Nährsalze wieder aufgenommen
(Produzenten) und so erneut in organische Bestandteile
(Nährstoffe) umgewandelt. Die Pflanzen dienen als Nahrung für die
pflanzenfressenden Tiere (Primär-Konsumenten) und diese wiederum
als Nahrung für die Fleischfresser (Sekundär-Konsumenten).
Tiere und Pflanzen sterben ab, ein perfektes Recycling, das wir
Menschen uns zu Nutze machen. Denn bis zu einem gewissen Grad
sind die Wasserorganismen sogar in der Lage, unser Abwasser mit zu
reinigen.
Die Einleitung von organischen Abwässern führt zu einer Erhöhung
des Angebotes an biologisch verwertbaren Substanzen. Dadurch
kommt es hinter einer Abwassereinleitung häufig zu einer
Massenvermehrung der Bakterien. Die Bakterien sind wiederum die
Nahrungsgrundlage für viele Einzeller, aber auch für bakterienfressende
Tiere wie Schlammröhrenwürmer und Zuckmückenlarven.
Außerdem liefern sie Nährstoffe im Überfluss, verbrauchen dabei
jedoch reichlich Sauerstoff. Durch das erhöhte Nährstoffangebot wird
besonders das Algenwachstum gefördert. Mit zunehmender
Entfernung von der Einleitung nimmt die Belastung und damit das
Übergewicht der Bakterien wieder ab. Wie lange die Selbstreinigungsstrecke
eines Fließgewässers ist, hängt entscheidend von ihrer
Ausstattung ab. Die Fähigkeit zur Selbstreinigung gerät jedoch dann
an ihre Grenzen, wenn wir Menschen so große Mengen an Schadstoffen
in ein Gewässer einbringen, dass sie für bestimmte Wasserorganismen
tödlich sind.
Übrigens: In natürlichen Fließgewässern erfolgt die Selbstreinigung
viel schneller als in technisch ausgebauten, denn die Lebensbedingungen
für die Wasserbewohner sind hier optimal.